Ein Beitrag von Ingeborg Kulgemeyer, Mai 2021

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Im Zusammenhang mit der Ernährung von Dalmatinern kommt immer auch die Frage nach dem Puringehalt des Futters auf. Ein Thema, das für die meisten Halterinnen und Halter eines Dalmatiners absolut im Fokus steht.

Wir wollen heute den Blick auf dieses Thema etwas weiten, einige Fakten klären und das Bewusstsein für eine ganzheitliche Betrachtungweise wecken. Denn eine purinarme Ernährung allein reicht oft nicht aus, um den Dalmatiner vor langfristigen Gesundheitsschäden zu schützen, die aus seiner besonderen Stoffwechseleigenart entstehen können.

Was sind Purine?

Purine sind überaus wichtige Bausteine der Nukleinsäuren des Körpers. Nukleinsäuren sind wiederum aus einzelnen Bausteinen, den sogenannten Nukleotiden, aufgebaute Makromoleküle, die bei allen Organismen die genetische Information, also die Erbinformationen enthalten (Beispiele: DNA = Desoxyribonukleinsäure und RNA = Ribonukleinsäure).

Purine werden vom Hundeorganismus selbst gebildet und sind in den Zellen zu finden, so dass sie als nicht essentiell bezeichnet werden. Das bedeutet, eine Zufuhr von außen über das Futter zum Überleben ist nicht nötig. Trotzdem nimmt jeder Hund über eiweißreiche Nahrung zusätzlich weitere Purine auf. Gerade in tierischen Nahrungsmittel ist viel Purin enthalten, z.B. in Fisch und Fleisch und hier insbesondere in Haut und Innereien.

Normalerweise werden Eiweiße im Verdauungstrakt in ihre Bestandteile zerlegt und verstoffwechselt. Hierbei werden die in der Nahrung enthaltenen Purine über das Zwischenprodukt Harnsäure in der Leber mit Hilfe des Enzyms Urikase zu Allantoin umgewandelt. Allantoin ist wasserlöslich und kann daher relativ problemlos über die Nieren ausgeschieden werden.

Was unterscheidet den Dalmatiner von anderen Hunden?

Der Dalmatiner hat einen ganz besonderen Stoffwechsel. Bei ihm ist aufgrund verschiedener, genetischer Ursachen, die Umwandlung von Harnsäure in Allantoin erschwert. Dies führt zu erhöhten Harnsäurewerten in Blut und Urin und somit letztendlich zu einer besonderen Empfindlichkeit der Nieren. Zudem kann Harnsäure im Urin kristallisieren, was die Neigung zu Nieren- und Blasensteinen erhöht. Meistens handelt es sich dann um sogenante Uratsteine, also Harnsäuresteine. Für fast alle anderen Hunderassen sind Uratsteine kein großes Problem. Sie kämpfen in der Regel vermehrt mit Struvit- und Calciumoxalatsteinen. Aufgrund dieser Stoffwechselbesonderheit des Dalmatiners nimmt die purinarme Ernährung also zurecht einen so breiten Raum ein.

Ein angemessener Puringehalt ist wichtig

Grundsätzlich ist es richtig, ein kritisches Auge auf den Puringehalt in der Ration eines Dalmatiners zu werfen. Eine natürliche Einschränkung erfährt die Reduzierung des Puringehaltes unseres Erachtens allerdings dadurch, dass insbesondere Fleisch und hochwertige Eiweiße einen hohen Puringehalt aufweisen. Da der Hund von Natur aus Fleisch- bzw. Beutefresser ist, muss eine natürliche Balance geschaffen werden. Hierbei ist es wichtig, den Dalmatiner einerseits ausreichend mit hochwertigen, artgerechten also insbesondere tierischen Eiweißen zu versorgen und andererseits eine unnötige Belastung des Stoffwechsels zu vermeiden. Darum ist eine ausgewogene Rezeptur unter Verwendung von ausgewählten Eiweißquellen, die im Zusammenspiel einen moderaten Gesamtpuringehalt aufweisen, die erste und wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Fütterung von Dalmatinern.

Artgerechte Fütterung: „Die Dosis macht das Gift"

In punkto Fütterung kommt es allerdings des Öfteren zu einer etwas eingeschränkten Betrachtungsweise. Bei dem Versuch eine purinarme Fütterung in die Praxis umzusetzen, passiert es nicht selten, dass bestimmte Zutaten bzw. Futtersorten, die so eine Zutat enthalten, grundsätzlich „verteufelt" werden, nur weil diese eine Komponente keinen niedrigen Purinanteil aufweist.

Einzelne Zutaten von vornherein abzulehnen, ohne die prozentualen Anteile – also die tatsächliche Belastung des Zusammenspiels der gesamten Futterration zu bedenken – ist wenig sinnvoll. Viele Zutaten, die in diätetisch kleiner Menge einem Futter zugegeben werden, haben einen hohen ernährungsphysiologischen Wert, den man auch Dalmatinern nicht vorenthalten sollte. Hier entscheidet am Ende die Menge und die Gesamtkomposition der Fütterung. Schon Paracelsus sagte: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei." Eingedenk dieser Tatsache, kann man die Ernährung des Dalmatiners ebenso facettenreich wie für andere Hunde gestalten und gleichzeitg seiner besonderen Stoffwechseleigenart gerecht werden, vorausgesetzt, dass man ein kluges Fütterungsmanagement betreibt.

Empfehlungen zur Fütterung eines Dalmatiners

Wie kann eine gute Ernährung für einen Dalmatiner aussehen bzw. worauf sollte man achten? Hier einige Kriterien, die unabhängig von der Fütterungsart, ob trocken, nass oder sebstzubereitet einige praktische Anhaltspunkte bieten können.

Moderater Rohproteingehalt zwischen 19%-23% i.d. TS

Der Rohproteingehalt des Grundfutters für einen Dalmatiner sollte zwischen 19%-23% in der Trockensubstanz liegen. Hierbei gilt: Je aktiver und schlanker der Dalmatiner ist, desto höher sollte der Rohproteingehalt gewählt werden. Auch wenn man letztendlich den Puringehalt des Futters nicht kennt, kann man so eine übermäßige Belastung für den Dalmatiner in der Regel ausschließen.

Einige Dalmatinerfreunde neigen dazu, den Rohproteingehalt der Tagesgesamtration (weit) unter 19% i. d. TS einzuregulieren. Leider führen so niedrige Proteingehalte (unter 19%) auf Dauer zu Eiweißmangelversorgungen und Stoffwechselstörungen. Dies schadet dem Hund dann genauso wie zu hohe Eiweiß- bzw. Puringehalte. Darum ist diese Alternative nicht empfehlenswert. Man sollte sich klar machen, dass nicht eiweißhaltige Komponenten an sich, sondern tatsächlich der Anteil der darin enthaltenen Purine zum Problem werden können. So sind Milchprodukte zwar eiweißreich, aber gleichzeitig purinfrei bzw. purinarm. Daher können sie mit Gewinn in den Speiseplan eines Dalmatiners eingebaut werden.

Bedenken sollte man auch, dass der Rohproteingehalt einer Dose nur auf den ersten Blick niedriger scheint als der eines Trockenfutters. Dies liegt daran, dass die Angaben bei einem Nassfutter auf die Frischsubstanz bzw. Frischmasse bezogen werden. Es ist üblich, eine Vergleichbarkeit über die Umrechnung der Frischmasse in die Trockensubstanz herzustellen. Aufgrund der unterschiedlichen Herstellungsverfahren und den damit verbundenen technischen Möglichkeiten sind die meisten Dosenfutter sogar deutlich eiweißreicher als Trockenfutter.

Hier ein Beispiel: Hat man ein Trockenfutter mit 25% Rohprotein, 10% Rohfett und 7% Wasser, sind diese Werte bezogen auf die Trockensubstanz berechnet. Dies ist futtermittelrechtlich so vorgeschrieben. Im Vergleich zu einem Nassfutter mit 10% Rohprotein, 6% Rohfett und 75% Wasser, scheint das Trockenfutter eiweiß- und fettreicher zu sein. Die Werte des Nassfutters müssen aber auf die Frischsubstanz bezogen deklariert werden. Rechnet man die Werte des Nassfutter in die Trockensubstanz um, erhält man einen Rohproteingehalt von 40% und einen Rohfettgehalt von 24%. Im Vergleich zu dem oben angegebenen Trockenfutter ergibt sich nun ein anderes Bild. Das Nassfutter ist deutlich eiweiß- und fettreicher und somit weniger für einen Dalmatiner geeignet.

Nierenfreundliche Komponenten und moderater Rohaschegehalt

Man sollte bedenken, dass Dalmatiner natürlich nicht nur was den Puringehalt betrifft empfindlicher als andere Hunde sind. Auch die Anfälligkeit für alle Arten von Nierenfunktionsstörungen und damit verbundenen Erkrankungen ist dementsprechend höher. Ein ganz wichtiger weiterer Aspekt in der Ernährung des Dalmatiners ist darum die Verwendung von nierenfreundlichen Futterkomponenten. Dies gilt für jede Art der Fütterung, ob trocken, nass oder selbstzubereitet.

Ein guter Parameter zur Beurteilung der Nierenfreundlichkeit einer Ration ist der Rohaschegehalt. Dieser Wert sollte in der Ernährung eines Dalmatiners immer moderat sein, das bedeutet: Bei Trockenfutter sollte er 4,5% und bei Nassfutter 2,5% nicht übersteigen. Ein zu hoher Rohaschegehalt belastet die Nieren stark und führt langfristig zu Nierenschäden, was sich bei Dalmatinern entsprechend verstärkt. Hinweis: Häufig weisen z. B. hartnäckige Probleme mit vermehrter Zahnsteinbildung auf einen zu hohen Rohascheanteil in der Ernährung hin.

Verzicht auf synthetische Zusatzstoffe

Ein weiterer Punkt, den man bei der Fütterung von Dalmatinern beachten sollte, ist der Verzicht auf synthetische Zusatzstoffe wie Lock-, Aroma- und Geschmacksstoffe, Antioxidantien, Konservierungsstoffe sowie synthetische Vitamine. Alle diese chemischen Zusatzstoffe belasten den Leber- und Nierenstoffwechsel unnötig und schwächen zusätzlich das gesamte Immunsystem.

Um dies zu vermeiden, sollte man grundsätzlich alle chemischen Substanzen vom Speiseplan eines Dalmatiners streichen und auf eine naturbelassene Fütterung zurückgreifen. Wieder ganz unabhängig davon, ob man trocken oder nass füttert bzw. Rationen selbst zubereitet. Möchte man eigene Rationen zusammenstellen, was gerade unter Dalmatinerhalterinnen und Haltern eine beliebte Fütterungsart ist, unterstützen wir gerne bei der Erstellung eines Futterplans, der ohne synthetische Zusätze auskommt.

Ganzheitliche Betrachtungsweise

Wir empfehlen grundsätzlich eine ganzheitliche Betrachtungweise. Hierbei wird das Gesamtkonzept von Fütterung, Pflege und medizinischer Versorgung aufeinander abgestimmt. Allein die Fokussierung auf eine purinarme Ernährung löst selten alle Probleme. Nicht nur, dass die Zusammensetzung des Futters insgesamt noch artgerecht bleiben muss - der Hund ist nun einmal kein Veganer. Auch bringt es am Ende nichts, wenn man bis auf das Gramm genau die Harnsäureäquivalente des Grundfutters festlegt, aber den Hund gleichzeitig mit zusatzstoffbelasteten oder eiweißreichen Leckereien, chemischen Antiparasitika und Wurmkuren oder einer übermäßigen medikamentösen Versorgung bombardiert.

Aus diesem Grund empfehlen wir neben einer insgesamt nierenentlastenden Fütterung auch das Thema chemische Präparate und Medikamente intensiv zu beachten. Eine noch so purinarme Fütterung zeigt letztendlich keine durchschlagende Wirkung, wenn man nicht auch diese anderen wichtigen Aspekte im Auge behält.

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