Ein Beitrag von Ingeborg Kulgemeyer

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Einleitung

Im ersten Teil haben wir einen Blick auf den rechtlichen Background geworfen: Was laut Futtermittelrecht unter die Kategorie Futtermittelzusatzstoffe fällt, wann sie deklariert werden müssen und wie man verschiedene Schlupflöcher stopfen könnte, damit der Verbraucher bzw. Hundehalter die bestmögliche Transparenz und Sicherheit hätte. Hier möchte ich anhand von ausgewählten Beispielen auch auf mögliche Gefahren hinweisen, die von einzelnen Zusatzstoffen ausgehen können. Zudem soll eine alternative Hundeernährung ohne Zusatzstoffe thematisiert werden.

Ein paar Worte vorab

Die Anzahl an zugelassenen Zusatzstoffen sowie nicht zulassungsbedürftigen Verarbeitungshilfsstoffen ist unvorstellbar hoch. Jeder kann sich auf der Seite des Bundesministeriums für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit selbst einen Überblick darüber verschaffen.

Es stimmt zwar, dass nicht jeder Zusatzstoff pauschal als kritisch einzuordnen ist, aber ein Großteil birgt deutliche gesundheitliche Risiken für unsere Hunde. An dieser Stelle möchte ich Beispiele riskanter Stoffe aufzeigen, die tagtäglich bei der Produktion von Hundefutter Anwendung finden und damit von hoher praktischer Relevanz sind. Ausgewählt habe ich dafür Zusatzstoffe aus der Gruppe der Antioxidantien, die unter die Kategorie der technologischen Zusatzstoffe fallen.

Beispiele für kritische Zusatzstoffe:

Antioxidantien aus der Gruppe der technologischen Zusatzstoffe (E-Gruppen Nummernkreis 300)

Was sind Antioxidantien und wo werden sie eingesetzt?

Antioxidantien sind chemische Verbindungen, die eine Oxidation – also eine Reaktion mit Sauerstoff – anderer Substanzen verlangsamen oder gänzlich unterbinden. Im Hundefutter verwendet, sollen sie das Ranzigwerden der enthaltenen Fette verhindern. Darum ist ein Haupteinsatzgebiet das Stabilisieren bzw. Haltbarmachen von Fleisch und tierischen Fetten.

Üblicherweise werden die Ausgangserzeugnisse (Zutaten) bereits damit angereichert und später mit anderen Komponenten zu einem Mischfutter (Allein- oder Ergänzungsfutter) verarbeitet. Verwendung finden in diesem Bereich sehr häufig die drei chemischen Antioxidantien E 310 Propylgallat, E 320 BHA (Butylhydroxyanisol) und E 321 BHT (Butylhydroxytoluol).

Alternativ kommen auch E 307 synthetisches Alpha-Tocopherol (synthetisches Vitamin E) sowie seltener E 300 L-Ascorbinsäure (synthetisches Vitamin C) zum Einsatz - gerne vermarktet als „natürliche Antioxidantien" - obwohl sie im Labor mit Hilfe von Gentechnik produziert werden. Es handelt sich hierbei um synthetische Vitamine, die primär als ernährungsphysiologische Zusatzstoffe Anwendung finden, um Futtermittel mit chemischen Vitaminen anzureichern. Risiken von synthetischen Vitaminen haben wir bereits in einem eigenen Video gesondert aufgezeigt. Aus diesem Grund beschäftigen wir uns an dieser Stelle mit den drei erstgenannten Antioxidantien.

E 310 Propylgallat

Propylgallat wird im Hundefutter häufig zur Stablisierung von Fetten und Fleischmehlen aus Geflügel 0 verwendet. Der Höchstgehalt liegt bei 100 mg/kg in einem Hundetrockenfutter.

Propyllgallat ist kritisch zu bewerten. Es beeinträchtigt die Infektionsabwehr und erhöht die Allergieneigung. Zudem führte es bei Säuglingen sogar zu einer lebengefährlichen Blausucht (Blaufärbung von Lippen, Schleimhäuten und der Haut, wenn die roten Blutkörperchen nicht mehr genug Sauerstoff aufnehmen können), was zu akutem Sauerstoffmangel bis hin zum Erstickungstod führen kann. Darum sind Gallate in Säuglingsnahrung bereits verboten, aber für viele Süßigkeiten sowie im Hundefutter nicht nur erlaubt, sondern leider auch sehr gebräuchlich. Vergleichbares - sprich ein Verbot im Welpenfutter - gibt es leider im Petfoodbereich nicht.

E 320: Butylhydroxyanisol (BHA)und E 321 Butylhydroxytoluol (BHT)

Beide Zusatzstoffe sind synthetische Antioxidationsmittel, die chemisch mit Phenol, einem Desinfektions- und Holzschutzmittel, verwandt sind. Sie werden zum Haltbarmachen von tierischen Fetten und Fleischmehl aller Tierarten verwendet, gerne auch in Kombination mit Propylgallat. Beide dürfen nur bis zu einem Höchstgehalt von 150 mg/kg im Hundefutter zugesetzt werden.

BHA ist ein synthetisches Alkylphenol, das biologisch kaum abbaubar ist und sich vor allem im Fettgewebe anreichert. Es gilt als allergieauslösend, behindert wichtige Leberfunktionen, erhöht Blutfettwerte und kann bei Trächtigkeit selbst bis in den Fötus gelangen.

BHT ist ebenfalls ein synthetisches Erzeugnis, das sich als Stoffwechselgift im Fettgewebe anreichert. Es kann deutliche Veränderungen an Immunsystem, Schilddrüse und Leber auslösen, gilt als krebserregend, lebervergrößernd und allergieauslösend.

Auch BHA und BHT sind in Säuglings- und Kindernahrung verboten, da sie wie Propylgallat als Auslöser einer lebensgefährlichen Blausucht gelten.

Anmerkung: BHA und BHT werden während des Herstellungsprozesses durch die Hitze in ihre sogenannten Metaboliten (Zwischenprodukte des Zellstoffwechsels) zersetzt. Weder die Gesundheitsrisiken dieser Zwischenprodukte sind bekannt, noch ist dadurch im Endprodukt ein Rückstand von BHA und BHT zu finden. Recht praktisch in Bezug auf die Einhaltung des Höchstgehaltes bzw. ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Offene Fragen

Wenn man sich die Liste der Risiken anschaut, die mit dem Einsatz dieser drei chemischen Antioxidantien verbunden sind, kommen bei mir sofort Fragen auf: Wieso werden diese bereits bekannt risikoreiche Zusatzstoffe weiterhin munter eingesetzt? Warum müssen diese riskanten Stoffe nicht in jedem Fall offen deklariert werden? Ganz unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck sie beigemischt werden. (Im ersten Beitrag zu diesem Thema wurden Deklarationspflicht und Schlupflöcher bereits ausführlich thematisiert.) Und letzendlich die wichtigste Frage: Geht es nicht auch ohne Zusatzstoffe?

Wie kommt man ohne Antioxidantien aus?

Eine der größten Herausforderungen bei der Produktion eines Hundefutters ohne Zusatzstoffe stellt sicherlich die Fleisch- bzw. Eiweißquelle dar. Darum habe ich dieses Beispiel gewählt.

Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

1. Man darf nur hygienisch einwandfreie und qualitätvolle Fleischpartien bzw. Eiweißquellen verwenden.

Es wird jedem einleuchten, dass die Auswahl der Fleischpartien bzw. Eiweißquellen die allerwichtigste Voraussetzung ist.
Wissen sollte man dabei, dass seit der BSE Krise in 2000 Tiermehl bzw. Tierkadavermehl aus verstorbenen oder kranken Tieren im Hundefutter verboten ist. Gleiches gilt für sogenanntes Risikomaterial wie Hirn, Rückenmark, hormonhaltige Partien, etc. Verwendet werden darf seitdem sogenannte KAT 3 (Kategorie 3) Ware, bei der es aber gravierende Qualitätsunterschiede gibt.

Gemeinsam ist diesem sogenannten Material der Kategorie 3, dass es sich um Fleisch und tierische Nebenprodukte gesunder Tiere handelt, die zum menschlichen Verzehr geschlachtet wurden. Die verarbeiteten Partien sind dementsprechend genusstauglich für den Menschen, umfassen aber neben Muskelfleisch, Innereien und anderen gut geeigneten Partien auch Anteile, die Menschen aus kulturellen und anderen Gründen nicht verzehren wie z. B. Federn, Hufe, Horn, etc.

Um ein Hundefutter ohne Antioxidantien herstellen zu können, muss man notwendigerweise auf die appetitlichen, kostenintensiveren Fleischpartien zurückgreifen, günstige Abfallprodukte sind zu meiden. Selbst wenn es manchen Herstellern gelingt, letztere - nach zugegeben beeindruckender technischer Bearbeitung - vor dem Verbraucher zu einer Nonplusultra-Eiweißquelle aufzuwerten wie z. B. im Fall von hydrolysiertem Federmehl.

Je minderwertiger die Eiweißquelle, desto mehr Antioxidantien müssen eingesetzt werden, um eine grundsätzliche Verträglichkeit des Futters zu garantieren. Ein Futter voller ranziger Fette darf selbstverständlich niemand auf den Markt bringen, so dass der Einsatz von Antioxidantien bei minderwertiger Auswahl quasi zwingend wird.

2. Die Kühlkette von der Schlachtung bis zur Verarbeitung muss gewährleistet sein.

Die zweite unbedingte Voraussetzung ist die Einhaltung der sogenannten Kühlkette. Grundsätzlich gelangt das Fleisch sofort nach der Schlachtung in eine Kühlung. Beim anschließenden Zerlegen werden die unterschiedlichen Fleischpartien sortiert. Hierbei werden Abschnitte, die für den Lebensmittelbereich vorgesehen sind, bis zum Ende ihrer Verarbeitung dauerhaft weitergekühlt. Dies gilt selbstverständlich auch für die notwendigen Transporte zu Weiterverarbeitern oder Händlern. So garantiert die permanente Kühlung (Kühlkette) den vorgeschriebenen Hygiene- und Qualitätstandard.

Mit Material der Kategorie 3 wird ab dem Zeitpunkt des Zerlegens anders verfahren. Häufig werden die Abschnitte schon in den Schlachtereien erst mehrere Tage in großen Sammelcontainern aufbewahrt und erst dann mit einem LKW zu Weiterverarbeitung transportiert. Sofern keine tägliche Abholung zur Weiterverarbeitung erfolgt, sollen die Schlachtprodukte im Schlachthaus gekühlt gelagert werden – soweit die Theorie.

Vielleicht seid ihr aber auch schon einmal hinter einem LKW gefahren, an dem ein Schild mit der Aufschrift KAT 3 Material angebracht war und der einen recht unangenehmes Aroma verbreitet hat. Ich würde hier die Ansprüche an Kühlung und Hygiene bzw. deren praktische Umsetzung definitiv höher ansetzen wollen.

Zudem können die Sammelcontainer selbstverständlich nicht so gut auf versehentlich hineingelangte Fremdbestandteile wie z. B. Ohrmarken kontrolliert werden. Fleisch für den Lebensmittelbereich wird in die typischen, meist roten Kunsstoffkästen sortiert und ist so um ein Vielfaches besser auf Fremdkörper zu prüfen.

Für eine tierische Eiweißquelle, die ohne Antioxidantien in einem Hundefutter verarbeitet werden soll, ist es aus den genannten Gründen daher notwendig, dass sie in Lebenmittelqualität eingekauft wird. Hier sollte man unbedingt unterscheiden. Es reicht also nicht, dass die geschlachteten Tiere „aus der Lebensmittelproduktion" stammen. Das ist seit 2000 sowieso für alle Hundefutterhersteller vorgeschrieben. Nur wenn das Fleisch von der Schlachtung ab an als Lebensmittel durchgelaufen ist, kann man darauf vertrauen, dass die Kühlkette eingehalten wurde und man einen hygienisch einwandfreien Rohstoff hat. Da mittlerweile sehr viele Hersteller im Zusammenhang mit den verwendeten Schlachtprodukten mit dem Wort „Lebensmittel" werben, sollte man diesen Unterschied in jedem Fall beachten.

3. Die enthaltenen Fette - auch im Fleisch - müssen von Natur aus eine gewisse Stabilität mit sich bringen.

Fleisch und Fette verschiedener Tierarten zeigen von Natur aus eine unterschiedliche Anfälligkeit zu verderben. So geht man beim Rind von einer deutlich höheren Stabilität der Fette aus als bei Schweine- oder Geflügelfleisch. Noch anfälliger sind Wild- und Pferdefleisch. Diese Tatsache hat selbstverständlich auch darauf Einfluss, ob und wieviel an chemischen Antioxdantien zugesetzt werden. Auch hier gilt wiederum, dass ein Zuviel an ranzigen Fetten, das Inverkehrbringen des Futters nicht erlaubt und somit Antioxidantien die Verwendung erst möglich machen.

Um eine Fleischquelle ohne Antioxidantien einsetzen zu können, ist darauf zu achten, dass das Fett der verwendeten Tierart zum einen von Natur aus eine ausreichende Stabilität mit sich bringt und dass der Fettanteil insgesamt moderat ist. Dies ist die beste Voraussetzung für eine Verarbeitung ohne Zusatzstoffe.

Zusammenfassung

Wie man hier schon deutlich erkennen kann, ist es sehr wohl möglich, bei der Produktion von Hundefutter auf Antioxidantien zu verzichten. Man muss nur konsequent die nötigen Voraussetzungen schaffen. Was bei der verhältnismäßig sensiblen Fleischquelle gelingt, kann man ohne weiteres auch auf die Beschaffung der anderen Zutaten übertragen.

Die höheren Kosten für die Zutaten und der Mehraufwand im Handling halten sich in akzeptablen Grenzen und lassen durchaus ein marktfähiges Produkt zu. Zudem sollte man dies als langfristige Investition in die Gesundheit und Lebensqualität unserer Hunde sehen.

Fazit

Mit dieser Beitrags- bzw. Videoreihe konnte ich leider nur einen kleinen Ausschnitt aus der Welt der chemischen Futtermittelzusatzstoffe und ihrer Bedeutung innerhalb der Hundeernährung aufzeigen. Das Thema ist sehr komplex, die futtermittelrechtliche Lage hat viele Graubereiche und die Anzahl an Zusatzstoffen und Verarbeitungshilfsstoffen ist schier überwältigend. So hängt eine offene Deklaration der tatsächlich enthaltenen Zusatzstoffe letzendlich nicht selten von der Ehrlichkeit des Herstellers ab.

Das Gesagte steht stellvertretend auch für alle anderen Kategorien an Futtermittelzusatzstoffen, die die Hundeernährung betreffen. Insbesondere auch für die sogannten ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe. Hierunter fallen Vitamine, Provitamine und Spurenelemente, mit denen Hundefutter angereichert wird, um - meines Erachtens - fragwürdigen Bedarfswerten zu genügen. Gerade die synthetischen Vitamine werden häufig vom Hundehalter nicht als chemische Zusatzstoffe wahrgenommen, auch weil sie von vielen Herstellern als „natürlich" vermarktet werden. So liest man nicht selten auf einem Futtersack „Ohne Zusatzstoffe", findet aber einen Absatz weiter unten eine lange Liste von lupenreinen, synthetischen Vitaminen und Spurenelementen, die auch futtermittelrechtlich selbstverständlich als Futtermittelzusatzstoffe gelten. Dass die Behörden bei dieser eindeutigen Verbrauchertäuschung nicht konsequent durchgreifen, ist mir persönlich unverständlich. Dem wichtigen Thema „Risiken synthetischer Vitamine" haben wir ein eigenes Video gewidmet, das ich hier jedem Interessierten empfehlen möchte.

Die Frage, ob man seinem Hund ein Nass- , Trocken- oder Ergänzungsfutter - wie z. B. beim BARFen üblich - mit Zusatzstoffen füttern möchte, muss natürlich jeder Hundehalter für sich persönlich entscheiden. Um dies aber zu können, ist eine offene Deklaration aller enthaltenen Zusatzstoffe und Verarbeitungshilfsstoffe die absolute Voraussetzung. Auch muss man sich als Hundehalter darauf verlassen können, dass Zusatzstoffe, die in Verdacht stehen gesundheitsschädigend zu sein bzw. es nachweislich sogar sind, zeitnah gesperrt werden. Und nicht zuletzt muss endlich die Gleichstellung von Heimtieren mit Nutztieren und Menschen in der Bewertung von Gesundheitsrisiken erfolgen. Auch wenn Hunde kein Bestandteil der Nahrungskette sind, haben sie das gleiche Anrecht auf Respekt im Umgang mit ihrer Ernährung und Gesundheit.

Copyright by Ingeborg Kulgemeyer
Veröffentlicht im Dezember 2020

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